Arbeitsrecht in der Insolvenz

 

Kenntnisse im Arbeitsrecht sind für jeden insolvenzrechtlich spezialisierten Rechtsanwalt unverzichtbar. Die Kanzlei Plessow Rechtsanwälte ist daher seit vielen Jahren auch auf dem Gebiet des Arbeitsrechts tätig, insbesondere bei Fällen mit insolvenzrechtlichem Bezug. Unterstützend stehen der Kanzlei Plessow Rechtsanwälte mehrere im Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskollegen als Kooperationspartner zur Verfügung.

Im Schnittpunkt von Insolvenzrecht und Arbeitsrecht treten folgende Fallkonstellationen immer wieder und vermehrt auf:

 

Kündigung wegen Insolvenz des Arbeitgebers

Sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer stellt sich die sehr wichtige Frage, ob das Arbeitsverhältnis wegen einer (drohenden) Insolvenz gekündigt werden kann. Die Antwort ist zunächst einfach: Die Stellung eines Insolvenzantrages oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eröffnen dem Arbeitgeber oder dem Insolvenzverwalter keine besonderen Kündigungsrechte. Insbesondere enthält die Insolvenzordnung keine eigenen Kündigungsgründe. Maßgeblich sind vielmehr die allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften.

 

- Betriebsbedingte Kündigungsgründe

Soweit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet (in der Regel: Beschäftigungsdauer von mehr als 6 Monaten + mehr als 10 Beschäftige im Betrieb), bedürfen auch Kündigungen im Zusammenhang mit einer Insolvenz der sozialen Rechtfertigung i.S.v. § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Voraussetzung ist somit das Vorliegen eines wichtigen Grundes. In Betracht kommen dabei insbesondere betriebsbedingte Kündigungsgründe gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG. Dabei begründen weder die Absicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, dessen tatsächliche Stellung oder die Eröffnung eines (vorläufigen) Insolvenzverfahrens für sich allein noch kein Recht für eine betriebsbedingte Kündigung. Eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen setzt – unabhängig von einer Insolvenz – stets den Wegfall der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers voraus.

Wenn der Betrieb des Arbeitgebers wegen der Insolvenz bereits komplett stillgelegt worden ist und deswegen keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind, dürfte eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber oder den Insolvenzverwalter im Regelfall keiner Bedenken begegnen. Dennoch ist es ratsam, eine erhaltene Kündigung stets durch einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht umgehend prüfen zu lassen.

Weitaus schwieriger verhält es sich dagegen in Fällen, in denen die Betriebsstilllegung lediglich beabsichtigt ist. Dann muss der Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter zur Berechtigung der Kündigung Tatsachen vortragen und belegen können, aus denen zu schließen ist, dass auf Grund der Umsetzung dieser Entscheidung (beabsichtigte Betriebsstilllegung) bei vernünftiger betriebswirtschaftlicher Betrachtung davon auszugehen ist, dass diese zum Zeitpunkt der vorgesehenen Beendigung realisiert sein wird. Sofern der Betrieb noch weiterläuft – auch wenn nur noch Restaufträge oder Abwicklungen durchgeführt werden –, ist dieser Nachweis durchaus schwierig. Denn der Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter muss den Beweis antreten, dass zum Beendigungstermin keine Beschäftigungsmöglichkeit bestehen wird. Dies stellt den Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter regelmäßig vor Probleme, da eine derartige Prognose zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nur in den wenigsten Fällen verlässlich abgegeben werden kann. Insbesondere besagt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Entlassung von Arbeitnehmern für die beabsichtigte Betriebsstilllegung i.S. eines betriebsbedingten Kündigungsgrundes noch nichts, da es gerade um die Frage geht, ob diese Entlassungen gerechtfertigt sind (BAG, Urteil v. 19.06.1991 - 2 AZR 127/91).

Wurde im Zusammenhang mit der Kündigung nur einem Teil der Mitarbeiter gekündigt, ist der kündigende Arbeitgeber/Insolvenzverwalter zusätzlich vor weitere Probleme gestellt. Die Kündigung eines Arbeitnehmers setzt das Fehlen milderer Mittel voraus. Bei einer betriebsbedingten Kündigung kommt als milderes Mittel immer die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz in Betracht. Arbeitgeber und Insolvenzverwalter müssen daher nachweisen, dass keine andere Stelle vorhanden ist, welche der gekündigte Arbeitnehmer ausüben könnte. Eine längere Einarbeitung oder unter Umständen sogar eine Umschulung sind dem Arbeitgeber dabei zumutbar. Letztlich erfordert eine betriebsbedingte Kündigung die Durchführung einer ordnungsgemäßen Sozialauswahl i.S.v. § 1 Abs. 3 KSchG. Das heißt, der Arbeitgeber oder der Insolvenzverwalter müssen für den Fall, dass nur einem Teil der Belegschaft gekündigt wird, eine Auswahl unter Berücksichtigung der in § 1 Abs. 3 KSchG genannten Kriterien durchführen. An dieser Voraussetzung scheitern viele betriebsbedingte Kündigungen, da der Arbeitgeber für seine Auswahl oftmals andere Kriterien heranzieht als es der Gesetzgeber vorsieht (Stichworte: Verjüngung der Belegschaft, Kündigung von Arbeitnehmern mit längeren Fehlzeiten, Auswahl nach Lohnkosten etc.).  Diese Gesetzeslage ist sehr komplex, nur ein versierter und erfahrener Rechtsanwalt für Arbeitsrecht wird Ihnen in einem dieser Fälle mit schnellem und fundiertem Rat zur Seite stehen können.

Zusammenfassend ist der kündigende Arbeitgeber/Insolvenzverwalter im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes im Grunde vor die gleichen Hürden gestellt, die auch außerhalb einer Insolvenz gelten. Insbesondere in Fällen, in denen der Betrieb noch weiterläuft oder nur einem Teil der Mitarbeiter gekündigt wird, ist der Nachweis betriebsbedingter Kündigungsgründe mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Daneben kann auch bei einer Insolvenz die Kündigung aus anderen Gründen unberechtigt sein (z.B.: Fehlen einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung, Sonderkündigungsschutzrechte, formelle Fehler etc.).

 

Sollten Sie als Arbeitnehmer mit einer Kündigung konfrontiert werden oder als Arbeitgeber wegen einer bevorstehenden Insolvenz Kündigungen planen, ist umgehend anwaltlicher Rat einzuholen. Insbesondere gilt für den Arbeitnehmer auch bei einer Kündigung im Zusammenhang mit einer Insolvenz, dass die Kündigung gemäß § 4 S. 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach deren Zugang durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden muss. Andernfalls wird diese unabhängig davon wirksam, ob die Voraussetzungen für eine (betriebsbedingte) Kündigung vorgelegen haben.  Der Gang zum Anwalt für Arbeitsrecht ist daher dringend anzuraten.


- Kündigungsfrist


Bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hat der Arbeitgeber die maßgeblichen Kündigungsristen einzuhalten. Diese können sich aus dem Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag ergeben. Andernfalls gelten die Bestimmungen des § 622 BGB.

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, kann sich nach der Insolvenzordnung eine kürzere Kündigungsfrist ergeben. Gemäß § 113 InsO beträgt die Kündigungsfrist drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart ist. Diese Regelung ist insbesondere bei länger bestehenden Arbeitsverhältnissen von Bedeutung, bei denen sich weitaus längere Kündigungsfristen ergeben können (nach dem BGB bis zu 7 Monate). Der Insolvenzverwalter kann in solchen Fällen auf die kürzere Kündigungsfrist zurückgreifen. Im umgekehrten Fall ist jedoch auch nach Verfahrenseröffnung die Kündigung mit einer kürzeren Frist möglich, soweit die arbeitsvertraglichen Regelungen dies ermöglichen. Wichtig ist dabei, dass § 113 InsO dem Insolvenzverwalter kein gesondertes Recht zur Kündigung einräumt, sondern lediglich die Länge der Kündigungsfrist regelt. Die Voraussetzungen einer Kündigung ergeben sich nach den arbeitsrechtlichen Regelungen, insbesondere dem Kündigungsschutzgesetz.

Aufhebungsvertrag

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag ist sowohl vor als auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich möglich. Eine einvernehmliche Beendigung dürfte vor allem dann in Betracht kommen, wenn der Arbeitnehmer bereits eine neue Stelle in Aussicht hat. Der bei Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum Beendigungstermin noch zu zahlende Lohn könnte im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens (zumindest teilweise) als Abfindung in Betracht kommen. Hiervon würden beide Parteien profitieren. Zu erwähnen ist, dass auch der Insolvenzverwalter an einem Aufhebungsvertrag Interesse haben könnte, da Lohnansprüche für den Zeitraum nach Verfahrenseröffnung aus der Insolvenzmasse bezahlt werden müssen, was letztlich das an die Gesamtheit der Gläubiger zu verteilende Vermögen schmälert.

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis

Bezüglich der Behandlung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis (z. B. Lohnforderungen, Urlaubsabgeltung, Gratifikationen etc.) ist von entscheidender Bedeutung, ob diese vor oder nach Verfahrensöffnung entstanden sind.

Sämtliche Ansprüche des Arbeitnehmers, welche aus dem Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens resultieren, stellen lediglich Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO dar. Der Arbeitnehmer kann diese Ansprüche nur zur Tabelle anmelden und nimmt nach deren Feststellung – wie alle anderen Insolvenzgläubiger – an der Schlussverteilung teil. In den allermeisten Verfahren beträgt die Insolvenzquote weniger als 10 Prozent, weswegen dem Arbeitnehmer mit einer Anmeldung seiner Forderungen zur Tabelle wenig geholfen ist. Für den unmittelbaren Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens springt dem Arbeitnehmer jedoch der Staat zur Seite. Gemäß § 165 SGB III erhalten Arbeitnehmer Insolvenzgeld  für den Lohn, der für die letzten 3 Monate ihres Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aussteht. Der Anspruch kann bei der Agentur für Arbeit geltend gemacht werden. Lediglich wenn Lohn für mehr als drei Monate aussteht, müssen Arbeitnehmer im Falle der Insolvenz mit einem Ausfall rechnen. Derart große Lohnrückstände sind jedoch sehr selten.

Sofern das Arbeitsverhältnis bei Verfahrenseröffnung noch besteht, sind Vergütungsansprüche ab dem Eröffnungstag aus der Insolvenzmasse zu bezahlen. Diese sogenannten Masseverbindlichkeiten werden vor allen Insolvenzforderungen beglichen und nehmen damit eine wesentlich bessere Stellung ein. Vergütungsansprüche des Arbeitsnehmers gegen die Masse können dabei insbesondere bei folgenden Konstellationen auftreten:


-    Die vom Arbeitgeber einzuhaltende Kündigungsfrist endet erst nach Verfahrenseröffnung.
-    Eine Kündigung wurde wegen der Fortführung des Betriebs gar nicht ausgesprochen.
-    Die vor Verfahrenseröffnung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

 

Die letztgenannte Variante kommt dabei öfter vor, als man annehmen würde. Oftmals meint der Arbeitgeber, die bestehenden Arbeitsverhältnisse vor Verfahrenseröffnung beendet zu haben und teilt dies dem Insolvenzverwalter auch so mit. Nicht selten stellt sich dann nach Verfahrenseröffnung heraus, dass eine wirksame Beendigung nicht vorliegt, zum Beispiel weil die betroffenen Arbeitnehmer erfolgreich gegen die Kündigung geklagt haben. Für die Zeit nach Verfahrenseröffnung kommen in diesen Fällen Ansprüche aus Annahmeverzugslohn gegenüber dem Insolvenzverwalter in Betracht, welche als Masseverbindlichkeiten zu behandeln wären.

Vor diesem Hintergrund kann es sich aus Arbeitnehmersicht auch bei einer bevorstehenden Insolvenz (oder sogar nach Insolvenzeröffnung) lohnen, gegen eine Kündigung des Arbeitgebers/Insolvenzverwalters gerichtlich vorzugehen. Da sich die Rechtsprechung im Arbeitsrecht ebenso wie im Insolvenzrecht ebenso stets fortentwickelt, müssen Sie sich einen zuverlässigen und erfahrenen Anwalt an Ihre Seite holen, der die aktuelle obergerichtliche Rechtsprechung kennt.

Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht – warum gerade Plessow Rechtsanwälte?

Rechtsanwalt Timo Dirk Plessow wird seit 2006 an zahlreichen Insolvenzgerichten zum Insolvenzverwalter bestellt. In fast allen Unternehmensinsolvenzen spielt das Arbeitsrecht eine große Rolle, viele arbeitsrechtliche Verfahren hat Rechtsanwalt Plessow schon begleitet. Er verfügt über ein demensprechend umfangreiches Praxiswissen und weiß, wie man sich in welcher Situation gegenüber Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter zu verhalten hat.

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